“Ausländer raus” – mit dem Urheberrecht gegen rechtsextreme Äußerungen

Auf eine Anfrage von ARD Team Recherche, wie gegen die Veröffentlichung von bekannten Musiktiteln mit rechtsextremem Text auf Streamingplattformen – wie geschehen im Beispiel von “L’Amour Toujours” von Gigi d’Agostino – vorgegangen werden kann, antwortet Dr. Thomas Hieber:

Unzulässig sind zunächst Äußerungen, die einen Straftatbestand erfüllen (z.B. Beleidigung, Volksverhetzung, Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen etc.). Ist dies nicht der Fall, stellt sich die Frage, ob die Veröffentlichung derartiger Texte vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) oder der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG) gedeckt sein kann. Hier hat eine umfassende Interessenabwägung zu erfolgen, was die schnelle Unterbindung solcher Veröffentlichungen oft nicht einfach macht.

Bei Streamingplattformen besteht darüber hinaus in der Regel die Möglichkeit, Inhalte als Verstoß gegen die Plattformregeln zu melden. Ob ein solche Vestoß vorliegt, wird dann alledings von der Plattform und nicht von Gerichten geprüft.

Eine relativ schnelle und Möglichkeit, derartige Veröffentlichungen zu unterbinden, stellt das Urheberecht dar, allerdings kann hier nur der Rechteinhaber (d.h. der Urheber sowie ggf., je nach Vertragslage, der Musikverlag und/oder das Label) gegen die Veröffentlichung vorgehen. Zunächst kann die Verbindung eines Musikstücks mit einem rechtsradikalen Text eine Entstellung des Musikwerks i.S.v. § 14 UrhG darstellen. Damit hat der Rechteinhaber die Möglichkeit, diese Werkverbindung zu untersagen. Weiter stellt die Verbindung eines Musikwerks mit einem neuen Text eine Bearbeitung des Musikwerks dar. Nach § 23 Abs. 1 S. 1 UrhG darf eine solche Bearbeitung des Musikwerks nur mit Zustimmung des Rechteinhabers des Musikwerks veröffentlicht werden. Gleiches gilt, falls das Musikwerk bei der Verbindung mit dem neuen Text neu abgemischt oder digital remastered wurde. Im Fall des Titels von Gigi d‘Agostino scheint auch nicht nur die Komposition, sondern auch die Tonaufnahme verwendet und mit dem neuem Text versehen worden zu sein, so dass auch der Inhaber der Tonträgerherstellerrechte (i.d.R. das Label) gegen die Veröffentlichung vorgehen könnte.

Im Fall einer Urheberechtsverletzung hat der Rechteinhaber u.a. Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz sowohl gegen den Ersteller bzw. denjenigen, der den Inhalt auf die Plattform hochgeladen hat als auch gegen die Plattform selbst. Der Unterlassungsanspruch kann schnell im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes durch Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden. Zuvor ist eine Abmahnung auszusprechen. Allerdings ist zu beachten, dass einstweilige Verfügungen nur innerhalb sehr kurzer Frist nach Kenntnis des Rechteinhabers von der Rechtsverletzung erlassen werden.

Daneben bieten die Anbieter von Streamingdiensten i.d.R. selbst Verfahren an, wie Urheberrechtsverletzungen schnell gemeldet werden können. Auch hier findet jedoch eine Prüfung nur durch die Plattform statt, die ggf. zunächst den potentiellen Verletzter zur Stellungnahme auffordert.